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"Zur Literatur gehörte immer schon die Möglichkeit, andere dabei zu zeigen, wie sie etwas Schreckliches tun."

(Umberto Eco, Autor 'Der Name der Rose')

Für wen sind die Romane interessant?

Bücher über südamerikanische Militärjuntas sind nicht für jeden Typ Leser geschrieben. Wer sich von den revolutionären Ereignissen der 1970-er Jahre nicht angesprochen fühlt, sollte zu anderen Themen weitersurfen. Andere jedoch spüren die besondere Anziehungskraft der Epoche und beginnen sogar, eine bestimmte Sorte Berichte zu sammeln. In der Forschung hat sich dafür der Begriff Testimonial-Literatur etabliert.

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Erste Schilderungen über das Vorgehen von Pinochets Truppen in Chile gab es schon wenige Tage nach dem Putsch am 11.September 1973. Dasselbe gilt für Argentinien und den 24.März 1976. Zumeist waren diese Berichte mit politischen Absichten verfasst worden. Gelesen wurden sie aber auch von einem größeren Publikum, das an den politischen Aspekten gar nicht primär interessiert war. Das ist bis heute so geblieben.

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Paul Riceur über den Unterschied zwischen Roman und Geschichtsbuch:

"Ein Roman, egal wie realistisch seine Handlung auch sei, ist etwas anderes als ein Geschichtsbuch. Beide unterscheiden sich durch einen impliziten Pakt zwischen dem Autor und seinem Leser. Obwohl er nicht explizit formuliert wird, verbindet der Pakt verschiedene Erwartungen des Lesers mit Versprechen des Autors. Am Beginn eines Buches ist der Leser bereit, etwas zu tun, was Coleridge 'willentliche Aussetzung der Skepsis' nennt, unter der Bedingung, dass die Geschichte interessant ist. Bereitwillig suspendiert der Leser seinen Argwohn, seine Ungläubigkeit, und akzeptiert, mit dem Spiel fortzufahren 'als ob' - als ob sich die erzählten Dinge tatsächlich ereignet hätten."

(Riceur, 'Die Erinnerung, die Geschichte, das Vergessen')

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Die erste Begegnung mit Testimonial-Literatur erfolgt für die meisten Menschen zufällig. Beim Lesen erfahren einige dann einen Mix an Emotionen. Typisch ist ein Unbehagen, den Bericht im Beisein Anderer weiterzulesen. Gleichzeitig hat der Text eine solche Anziehungskraft, dass die Leser sich diesen Bericht in ihr privates Umfeld holen. In den eigenen vier Wänden wird der Inhalt dann sehr detailliert studiert. Wer sich auf das vielschichtige Thema einlässt, kann aus den Büchern etwas mitnehmen, was Andere übersehen.

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Entdecken Sie schillernde und faszinierende Facetten des Lebens, die in Geschichtsbüchern keine Erwähnung finden!

Typisch für Testimonial-Literatur ist auch, dass sie sich für einen zweiten, dritten oder zwanzigsten Blick anbietet. Oft hält die Beziehung des Lesers zum Text viele Jahre und man hat das Bedürfnis, noch tiefer in die Materie einzutauchen. Das Ziel ist, näher an die Geschichte heranzukommen, wie sie damals wirklich gewesen ist. Denn der politische Aspekt ist nur einer unter vielen.

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